Dr. Alaa al-Najjar war bei der Arbeit, als ein israelischer Angriff ihr Haus zerstörte. Neun ihrer zehn Kinder starben. Der elfjährige Sohn Adam und ihr Ehemann Hamdi al-Najjar, ebenfalls Arzt, überlebten als einzige den Luftangriff. Der Guardian arbeitet ihre Geschichte nun auf.
In den fühen Morgenstunden am Freitag, 23. Mai, verabschiedete sich Dr. Alaa al-Najjar von ihren zehn Kindern. So wie jeden Tag. Dann verliess sie das Haus. Das jüngste Kind, Sayden, sechs Monate alt, schlief noch.
Und wie jeden Tag, angesichts des Krieges in Gaza und der israelischen Luftangriffe, die nur wenige Meter von ihrem Viertel in Chan Junis entfernt landeten, machte sich al-Najjar Sorgen, ob sie ihre Kinder ohne sie zu Hause lassen sollte.
Aber al-Najjar, 35, hatte keine andere Wahl. Als eine der wenigen Medizinerinnen im Gazastreifen und angesehene Kinderärztin im Nasser Medical Complex musste sie zur Arbeit gehen, um verletzte Säuglinge zu versorgen, die die israelischen Angriffe nur knapp überlebt hatten.
Nur wenige Stunden später kamen die verkohlten Leichen von sieben ihrer Kinder, die bei einem israelischen Luftangriff auf Chan Junis getötet worden waren, in ihrem Spital an. Zwei weitere Leichen, darunter ihre sechs Monate alte Tocher, Sayden, lagen noch unter den Trümmern.
Die Namen der Kinder waren Yahya, Rakan, Ruslan, Jubran, Eve, Revan, Sayden, Luqman und Sidra.
Überlebt hat ihr Sohn Adam zusammen mit dem Vater, Hamdi al-Najjar. Beide befinden sich laut dem «Guardian» im Spital.
‘One of the most heartbreaking tragedies’: Gaza doctor’s last goodbye before nine children killed in airstrike
— The Guardian (@theguardian.com) 25. Mai 2025 um 20:50
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Der Direktor des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen veröffentlichte ein Video der verbrannten und zerstückelten Körper der Kinder, die aus den Trümmern von al-Najjars Haus von Hilfskräften gezogen wurden. Der «Guardian» sowie die «BBC» verifizierten die Aufnahme.
Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) erklärten laut der BBC, ihre Flugzeuge hätten «eine Reihe von Verdächtigen getroffen, die in einem Gebäude in der Nähe der IDF-Truppen in der Gegend von Chan Junis identifiziert wurden.»
Die IDF kommunizierte ausserdem, dass das Gebiet von Chan Junis ein gefährliches Kriegsgebiet sei. Vor Beginn der Operationen hätten die IDF die Zivilisten zu ihrer eigenen Sicherheit aus diesem Gebiet evakuiert, so das israelische Militär. Ausserdem würde die Behauptung, dass unbeteiligte Zivilisten zu Schaden gekommen seien, derzeit überprüft.
Ali al-Najjar, 50, der ältere Bruder von Hamdi, dem Ehemann von Alaa, rekonstruierte gegenüber dem «Guardian» die Szenen nach dem Luftangriff:
Ali rief das medizinische Team und brachte die beiden Überlebenden ins Spital. Dann begann er, nach seinen neun vermissten Nichten und Neffen zu suchen.
Die Mutter Alaa al-Najjar eilte zum Ort der Explosion, als die Retter die Leiche ihrer Tochter Revan aus den Trümmern zogen.
Ali erinnter sich: «Unter Tränen flehte sie die Rettungskräfte an, sie ein letztes Mal in die Arme nehmen zu dürfen.»
«Ihr [Revans] Körper war vom oberen Teil her völlig verbrannt, von ihrer Haut oder ihrem Fleisch war nichts mehr übrig», sagte Ali.
Graeme Groom, ein britischer Chirurg, der im Spital in Chan Junis arbeitet und den überlebenden elfjährigen Jungen Adam operiert hat, sagte gegenüber der «BBC», es sei «unerträglich grausam», dass seine Mutter, die sich als Kinderärztin jahrelang um Kinder gekümmert hat, durch einen einzigen Raketenangriff fast alle ihre Kinder verlieren konnte.
Groom erzählt in einem Video, das auf dem Instagram-Account einer anderen britischen Chirurgin, die im Nasser-Spital arbeitet, Victoria Rose, gepostet wurde, über den Vorfall.
Über den Zustand des Vaters äusserte sich der Leiter der Kinderklinik im Nasser-Spital, Dr. Ahmed al-Farra: «Ihr Mann erlitt schwere Verletzungen – Hirnschäden und Frakturen durch Granatsplitter sowie Splitterwunden und Frakturen im Brustbereich. Er wurde an ein Beatmungsgerät angeschlossen und mit medizinischen Schläuchen versorgt.»
Farra sagte abschliessend: «Meine einzige Hoffnung ist, dass die Getöteten nicht nur Namen auf dem Papier sind. Wir wurden wie jeder andere Mensch auf dieser Welt erschaffen. Und wie jeder andere Mensch haben wir das Recht zu leben.»
Der Leiter der Pflege des Nasser-Spitals, Mohammed Saqer, sagte gegenüber des Guardian: «Dies ist eine der herzzerreissendsten Tragödien seit Beginn des Konflikts und sie geschah mit einer Kinderärztin, die ihr Leben der Rettung von Kindern gewidmet hat.»
Kollegen und Freunde von al-Najjar sagten gegenüber dem «Guardian», dass ihre Kinder die ägyptische Staatsbürgerschaft besässen und dass Alaa und Hamdi geplant hätten, nach Ägypten zu gehen und ihre Kinder an der Al-Azhar-Universität in Kairo einzuschreiben.
Nach Angaben des Gaza-Gesundheitsministeriums wurden bei israelischen Angriffen in dem Gebiet fast 54'000 Palästinenser, darunter 16'503 Kinder, getötet. (les)
Hoffentlich unternimmt man etwas mahr als diesen Anstieg von zivilen Opfern einfach auf dem Papier stehen zu lassen. Ich mal gespannt, ob Watson diesen Kommentar "durch lässt".